Fahrradergonomie, oder was ich darunter verstehe
Vorweg schicken möchte ich, das Thema ist zu vielschichtig, um es mal eben auf einer Internetseite abzuhandeln. Kein Mensch gleich dem anderen, was seine körperlichen Dimensionen anbetrifft. So lassen sich die Probleme nicht alle mit derselben Herangehensweise lösen.
Das Ziel muß es ein, möglichst schmerzfrei und gelenkschonend radzufahren, durch eine individuelle Anpassung der Sitzposition unter Berücksichtigung des gesamten Bewegungsappartates auch eine optimale Kraftübertragung zu erreichen.
Die drei Kontaktpunkte zwischen Mensch und Fahrrad sind Lenker, Sattel und Pedale. Alle drei Punkte werden mit einem Teil des Körpergewichts belastet.
Von Natur aus sind allein die Beine dazu gemacht, das Körpergewicht dauerhaft zu tragen!
Daher treten die meisten Probleme im Bereich Hände/Arme/Rücken und an der Sitzfläche auf!
Je nach Sitzposition oder Ausprägung der Muskulatur sind die Körperteile an den Kontaktstellen unterschiedlich stark belastet.
So kann die Belastung am Lenker zwischen 5% bis 20% des Körpergewichts schwanken, die Belastung auf dem Sattel zwischen 10% bis 70% des Körpergewichts und entsprechend die Belastung auf den Pedalen zwischen 25% und 70% des Körpergewichts.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Rahmengeometrie und die Sattelhöhe auf die Belastung auf die Körperpartien, die den Kontakt zum Fahrrad herstellen.
Ein falsches Sitzen und die damit möglicherweise auftretenden Beschwerden kann auch die moderne Federungstechnik an den Fahrrädern nicht verhindern, demzufolge ist das „richtige Sitzen“ eine Grundvoraussetzung um sich auf seinem Fahrrad wohl zu fühlen und auch größere Strecken bewältigen zu können.
Wer braucht denn ein ergonomisch total angepaßtes Fahrrad?
- streng genommen jede Person, die sich gelenkschonend und noch möglichst lange ohne Probleme fortbewegen möchte
- Menschen, die aufgrund von ihren körperlichen Gegebenheiten auf kein Fahrrad von der Stange passen
- Menschen mit gesundheitlichen Problemen im Bereich von Knie/Hüftge-lenken oder Problemen mit dem Rücken
- Menschen die extrem viel mit ihrem Fahrrad unterwegs sind, sei es im Alltag, auf Reisen oder um die Welt
Woran merke ich, ob ich ein ergonomisch angepasstes Fahrrad benötige?
Hinweise könnten sein:
Einerseits beim Radfahren selbst:
- Sie haben den Eindruck, weiter hinten/vorne sitzen zu müssen
- Beschwerden im Knie oder in der Hüfte
- Rückenprobleme oder Verspannungen im Rücken
- und viele weitere
Beim Klamottenkauf:
- Sie tun sich schwer, eine Jacke mit der richtigen Ärmellänge zu finden, oder eine Hose mit der richtigen Länge der Beine?
Auch bei anderen Gelegenheiten:
- Ist Ihnen bei der Fahrt mit Bus oder Bahn der geringere oder fehlende Platz gegenüber anderen Mitreisenden zwischen Ihren Knien und der Rückenlehne des Vordersitzes aufgefallen?
Das alles sind Anzeichen für Abweichungen von Durchschnittsmaßen.
Ich würde in jedemfall eine ergonomische Beratung empfehlen, um damit festzustellen, was und welcher Umfang nötig ist.
Neben Abweichungen von körperlichen Durchschnittsmaßen sind bestimmte gesundheitlichen Notwendigkeiten, Angewohnheiten und der Anwendungsbereich mit zu berücksichtigen.
Auch wenn dieser Satz, der Mensch ist ein Gewohnheitstier, schon reichlich abgedroschen ist, enthält er Wahrheiten. In der Tat kann man sich durch eine falsche Sitzposition oder ein nicht passendes Fahrrad eine Fehlhaltung angewöhnen und davon habe ich in meiner langen Laufbahn in diesem Bereich schon einige ziemlich schlimme gesehen. Hier spreche ich auch aus eigener Erfahrung.
Die meisten Fahrrad-/Rahmenhersteller orientieren sich entweder an den körperlichen Durchschnittsmaßen oder bestimmen die Geometrien nach eigenem Geschmack, um möglichst viel von ihren Produkten mit möglichst wenig Aufwand an eine breite Käuferschicht absetzen zu können.
Merkmale für ein ergonomisch richtig angepasstes Fahrrad:
- richtige Rahmenhöhe und ebensolche Rahmenlänge
- eine Kombination aus passendem Sitzwinkel und der angepassten und richtigen Kurbellänge für die optimale Kraftübertragung und Schonung von Knie-/Hüftgelenken
- angepassten Sattel/Lenker/Lenkervorbau und Lenkergriffe, je nach Gewohnheiten/Einsatzzweck
In den meisten Fällen sind die nötigen Veränderungen am vorhandenen Fahrrad nicht möglich. Eine Maßanfertigung des Rahmens ist dann nötig, wenn der Sitzwinkel, oder auch die Rahmenlänge stark abweichend sind.
Natürlich wird auch schon der Tausch des Sattels, oder die Montage von ergonomischen Lenkergriffen eine Verbesserung bringen, ein optimales Ergebnis bringt nur eine gänzliche Anpassung!
Um solche ergonomischen Vermessungen durchführen zu können, ist extrem viel Erfahrung in diesem Bereich nötig, aber auch das Wissen um Rahmen und Rahmengeometrie. Einerseits muß im Falle eines Maßrahmens die Machbarkeit/Herstellbarkeit abgeschätzt werden können, aber auch die Konsequenzen einer Änderung der Rahmengeometrie, wie wird sich das Fahrverhalten/Lenkverhalten verändern.
Daher sind solche ergonomische Beratungen/Vermessungen/Anpassungen ist nicht zum Nulltarif zu bekommen.
Angepaßte Fahrräder/Rahmen sind deutlich teurer gegenüber Räder/Rahmen von der Stange, üblicherweise werden diese in Deutschland/Europa hergestellt, mit den höheren Arbeitskosten.
Fahrradergonomie richtig angewandt ist mehr als nur ergonomische Lenkergriffe und einen passenden Sattel zu montieren.
Meiner Erfahrung nach bieten die meisten mir bekannten Meßmethoden Ergebnisse, die nicht präzise genug sind.
Für mich ist das führende Vermessungssystem der Velochecker von Patria, er ist auf deren System angepasst. Ich arbeite schon seit einem Jahrzehnt damit,
damit habe ich Anpassungen für Alltags-/Reise-/Trekking-/Randonneurräder durchgeführt.
Der Velochecker kommt ohne jegliche Elektronik aus, alle wichtigen Maße können ein- und verstellt werden und besitzt ein Schnellwechselsystem für Lenker und Sättel.
- Rahmenhöhe/-länge
- Sitzwinkel
- Kurbellänge
- Steuerrohrhöhe
- Vorbaulänge und -neigung
- Kopfversatz der Sattelstütze
Längenverstellbare Kurbeln zwischen 152 und 175 mm, sowie Wasserwaagen zur Ausrichtung der Kurbel u.a. in die Waagrechte